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Einzig Positives: Das Virus senkt die Luftverschmutzung

Durch die Corona-Krise kommt das öffentliche Leben und die Wirtschaft quasi zum Erliegen. Einen positiven Nebeneffekt hat das Ganze immerhin.

 ©ESA

Wenn jemand den Teufel mit dem Beelzebub austreibt, dann ersetzt er ein Übel durch ein anderes, zumeist noch schlimmeres. Davon berichtet schon Apostel Matthäus in seiner Fassung des Neuen Testaments der Bibel, als er die Reaktion der theologischen Obrigkeit im antiken Judentum wegen dessen Ärger über die wundersame Heilung eines Besessenen durch Jesus am eigentlich arbeitsfreien Sabbat kritisierte: „Aber als die Pharisäer das hörten, sprachen sie: Er treibt die bösen Geister nicht anders aus als durch Beelzebub, ihren Obersten.“

Nun lässt sich heute trefflich darüber streiten, welcher Einfall des Satans schlimmer ist, der Klimawandel oder das Corona-Virus. Schlimm sind sie zweifelsfrei alle beide. Doch nun scheint sich herauszustellen, dass – zumindest hoffentlich – vorübergehend die eine Plage der anderen auf die Pelle rückt.

Neue Daten des Satelliten Copernicus Sentinel-5P zeigen nämlich einen deutlichen Rückgang der Luftverschmutzung, besonders der Stickstoffdioxidemissionen, über Italien. Diese Verringerung ist vor allem in Norditalien sichtbar, was mit der landesweiten Sperrung zusammenfällt, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern.

Claus Zehner, Copernicus Sentinel-5P-Missionsmanager der ESA, kommentiert: „Der Rückgang der Stickstoffdioxidemissionen über der Poebene in Norditalien ist besonders deutlich. Obwohl es aufgrund der Wolkendecke und des wechselnden Wetters zu geringfügigen Abweichungen bei den Daten kommen kann, sind wir sehr zuversichtlich, dass die sichtbare Reduzierung der Emissionen mit der Sperrung in Italien zusammenfällt, die weniger Verkehr und industrielle Aktivitäten verursacht."

Ähnliches passiert in China. Selten zuvor waren Sicht und Luft so klar wie zur Zeit in Shanghai in der Nach-Corona-Zeit, und selbst im smoggeplagten Beijing ist nach Berichten aus dem Reich der Mitte jeder Atemzug neuerdings so wohltuend wie schon lange nicht mehr.

Stickstoffdioxid entsteht durch Verbrennung fossiler Brennstoffe und kann daher aus Autos, Lastwagen, Bussen, Kraftwerken und anderen Industrieanlagen entstehen. Vor einigen Wochen meldete die NASA einen enormen Rückgang der chinesischen Stickstoffdioxidemissionen, als in Teilen des Landes der Ausnahmezustand herrschte, und jetzt scheint ein ähnlicher Prozess in Italien zu laufen, wo die meisten COVID-19-Fälle außerhalb Chinas auftreten.

Hier staunen die Einwohner Venedigs, dass wegen des staatlich verordneten Ausbleibens der Touristen über Nacht das Wasser der Lagunenstadt so sauber und klar ist wie seit vielen Jahrzehnten nicht mehr. Das lässt sich sehen und riechen, die Qualität der Luft zu prüfen, geht inzwischen besser aus dem All.

Josef Aschbacher, ESA-Direktor für Erdbeobachtungsprogramme, sagt: „Copernicus Sentinel-5P Tropomi ist heute das genaueste Instrument zur Messung der Luftverschmutzung aus dem Weltraum. Diese Messungen, die weltweit verfügbar sind, liefern wichtige Informationen für Bürger und Entscheidungsträger."

Der Sentinel-5-Vorläufer Sentinel-5P ist die erste Copernicus-Mission zur Überwachung unserer Atmosphäre. Der Satellit kann eine Vielzahl von Spurengasen wie Stickstoffdioxid, Ozon, Formaldehyd, Schwefeldioxid, Methan, Kohlenmonoxid und Aerosole aufspüren. All dies wirkt sich auf die Atemluft und damit unser Klima aus.

Kommende Copernicus-Missionen sollen weitere Spurengase und Aerosole für die Luftqualität überwachen. Sie werden Informationen zur Luftqualität, zum stratosphärischen Ozon und zur Sonnenstrahlung sowie zur Klimaüberwachung liefern. Bleibt zu hoffen, dass dann das Corona-Virus keine Rolle mehr spielt.

ampnet/hrr