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Reisemobile: Wer Luxus will, zahlt sechstellig

Ein Reisemobil, das ist gerade in Zeiten von Corona das Ziel vieler Menschen. Theoretisch gibt es einen Camper schon für recht überschaubares Geld, doch wer auf Luxus nicht verzichten will, der muss viel zahlen.

Luxus-Wohnmobil von Morelo mit VW Up in der Heckgarage.

 ©Michael Kirchberger ampnet

Mit dem Reisemobil auf Tour zu gehen, diesen Wunsch hegen immer mehr Urlauber, nicht nur in Deutschland. Dass die Basispreise der Mobile gerade kräftig steigen, macht diesen Traum für manchen Interessenten unerfüllbar. Zumal es selten bei der Grundausstattung bleibt, viele Extras sind für die Camper unverzichtbar. Denn in den wichtigsten Wochen des Jahres möchte keiner auf Komfort oder ein wenig Luxus verzichten. So kommt es, dass sich der Grundpreis ähnlich wie bei Oberklassen-Limousinen in Windeseile um satte 50.000 Euro erhöht. Dabei kratzen viele Mobile schon ohne die ersehnten Begehrlichkeiten an der 100.000-Euro-Marke. Bei einigen Editionsmodellen lassen sich die Kostensteigerungen zumindest teilweise begrenzen.

Rainer haben wir in der südlichen Pfalz getroffen. In einer Straußwirtschaft nahe des Stellplatzes haben wir uns einen Tisch mit ihm und seiner Frau geteilt. Ja, er ist auf dem Weg nach Süden, erzählt er. Mit dem Reisemobil, schweres Kaliber. Einen Concorde Charisma fährt er, den Siebentonner will er bis runter an die Ägäis fahren. „Da gibt es jede Menge Stellplätze am Meer und das Klima ist auch im Winter sehr angenehm.“ Drei Monate will er unterwegs sein, vielleicht auch vier, der Vorruhestand macht’s möglich. Rund 250.000 Euro hat der gut neun Meter lange Concorde gekostet, und die Lebensversicherung war noch für ein paar fette Sonderwünsche ausreichend. „Wir haben Extras für fast 100.000 Euro an Bord“, erklärt Rainer, er will unabhängig von Versorgungseinrichtungen sein, Griechenland möglichst autark erleben.

18.000 Euro hat allein das Chassis-Paket gekostet, zu dem die Auflastung auf 7,2 Tonnen gehört, was die erlaubte Zuladung erhöht. Eine Luftfederung, ESP und ASR sowie eine Differenzialsperre an der Hinterachse des Iveco Daily und Leichtmetallräder gibt es auch dazu. 5800 Euro hat die Wandler-Automatik von ZF gekostet, das Assistenzpaket mit Abstandstempomat, Spurkontrolle und Notbremshelfer hat 6200 Euro verschlungen. Die Hubstützenanlage, die das Mobil im Stand auf unebenem Untergrund automatisch ausbalanciert, hat den Preis um weitere 10.000 Euro nach oben getrieben. Auch eine Zentralverriegelung aller Türen und Klappen hat sich Rainer schlanke 4500 Euro kosten lassen und damit der Innenraum noch eleganter wird hat er bei Concorde das Style-Paket für 7000 Euro bestellt, der Fußboden in Bootsoptik, Teppichboden und Möbel im Atlas-Zeder-Dekor sind die Highlights.

T6.1 California.

 ©Volkswagen Nutzfahrzeuge

Aber wie war das mit der Autarkie? Gegen den Sonnenbrand hilft eine elektrische Markise (3300 Euro), willkommener sind die Strahlen des Gestirns auf dem Dach, wo Solarzellen sie in elektrische Energie umwandeln. Die beiden Panels mit jeweils 210 Watt Leistung haben ebenfalls 3300 Euro gekostet. Und weil eine kräftige Lithiumbatterie 230 Volt angenehmer als ein lärmender Generator bereitstellt, kam noch ein 400 Ah starker Akku samt Wechselrichter an Bord, der bis zu 3000 Watt leistet. Damit funktionierten sogar Föhn und Staubsauger. 11.300 Euro waren für das Ultra-Leistungspaket fällig. Die verbleibenden 30.000 Euro sind für die Klimaanlage im Wohnraum, den Gastank, das Navigationssystem mit Lkw-Funktion, das Soundsystem fürs Fahrerhaus, die Lederausstattung und die Klimakomfortsitze für Fahrer und Beifahrer bezahlt worden.

Es gibt viele Rainers auf der Welt, Menschen, die gut vorgesorgt haben, gerade eine stattliche Lebensversicherung ausbezahlt bekamen und angesichts von Inflationsgefahr und Immobilienblase ihr Glück lieber in der Ferne suchen. Die Gemeinde jener, die den Winter in ihren mobilen Appartements in Portugal oder Griechenland, die Sommermonate dagegen in Skandinavien verbringen, wächst zusehends. Aber auch weniger solvente Reisefans können bei der saisonalen Wahl der Destination mithalten. Denn gerade bei den Volumenherstellern gibt es Schnäppchen in Form von Editionsmodellen, die eine ganze Reihe der begehrten Extras als Serienausstattung mit auf den Weg bekommen und dennoch nur unwesentlich teurer als das normal ausgerüstete Fahrzeug sind. Hobby bietet den teilintegrierten Optima Ontour Edition für wenig mehr als 60.000 Euro an: Sat-Anlage, Markise, Verdunkelungsrollos und Fliegengittertür sind in diesem Preis unter anderem schon dabei. Die Ersparnis im Vergleich zur Einzelbestellung: rund 10.000 Euro.

Auch Knaus-Tabbert hat mit dem Van TI Vansation auf Fiat Ducato oder MAN TGE ein ähnlich umfangreich ausgestattetes Reisemobil dieser Bauart im Programm. Und die Tochtermarke Weinsberg bietet den scharf kalkulierten Verkaufsschlager Caracompact Edition Pepper jetzt auch auf Basis des Mercedes Sprinter an. Der ist dann allerdings auch gleich teurer. Auf dem Fiat kostet der Pepper 62.000 Euro, mit dem Stern am Burg 11.000 Euro mehr. Aber es geht ja auch günstiger.

Die mittlerweile beliebteste Kategorie der Reisemobile sind die ausgebauten Kastenwagen wie der La Strada Avanti und Campervans wie der VW California. Zwar gehören diese beiden eher zu den hochpreisigen Angeboten ihrer Klasse, doch können Marken wie Forster oder Clever mit minimalistischer, aber kompletter Ausstattung die Preise niedrig halten. Bei Forster etwa gelingt der Einstieg schon für rund 40.000 Euro, inklusive Toilette, Bad, Kühlschrank und Kocher, Heizung und Klimaanlage. Dafür gibt es bei Concorde nicht mal die Hälfte der empfohlenen Extras eines Luxusliners.

Michael Kirchberger

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