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Balkan-Reise im T3 Teil 6

Karl-Ewald Kirschner (Bj. 51) und Slobodan "Dane" Kapevski (Bj. 1957) unternahmen im Sommer 2008 eine ausgedehnte Balkanreise mit einem T3. Dane wollte seine alte Heimat Mazedonien wiedersehen und Karl-Ewald kam mit, weil ihn eine Reise in diese Region schon immer gereizt hatte. In diesem Teil des Berichts geht es weiter Richtung Norden entlang der kroatischen Küste. Der Bulli macht Probleme, schafft es aber wieder bis nach Hause.

 ©Karl-Ewald Kirschner

Dienstag, 26. August 2008

Paklenica, Camping Alan. Strandtag. Mein Traum von der Reise an die Adriatische Küste geht immer mehr in Erfüllung.

Heute, nach ruhiger Nacht, Bulli am Strand. Keine fünf Meter, Mittelmeer. Irgendetwas über dreißig Grad, aber ein schöner Wind. Wo ist mein Surfbrett? Karibik-Feeling pur.

Luxus-Hotel am Strand mit perfekter Bedienung und 100% WLAN-Empfang. Geht doch!

Abends am Strand kroatische Live-Musik mit Animation und Spielchen. Schön schräg, schön laut, schön voll, schön lustig.

Dane und die Linzer Nachbarn, ©Karl-Ewald Kirschner

Mittwoch, 27. August 2008

Unsere Linzer Nachbarn wollen unbedingt Danes Gebetbücher sehen. Die, ganz glücklich, haben eh nix anders zu tun. Er ist in einer Brauerei beschäftigt. Die Brauerei gehört zur Heineken-Gruppe. Prompt gibt es 2 Flaschen Bier von seiner Marke umsonst. Etwas anderes erwartet?

Bulli fertig zur Abreise. Ich warte und warte, auf wen wohl? Es ist 12:00 Uhr. Am Campingplatz. Checkout: 11.00 Uhr. Ok, mit seinem Charme und meiner ADAC-Karte zahlen wir nicht den ganzen, weiteren vollen Tag.

Blick aus dem Bulli. ©Karl-Ewald Kirschner

Auf Wiedersehen geliebter Strand. Wir fahren weiter nach Zadar. In Posidanje am Meer nur ein Restaurant geöffnet. Mittagessen. Linge, Fischsuppe nema, Fischfilet ja. Grüner Salat nein, gemischter Salat ja.

Als kleine Anekdote: Am Nachbartisch saß ein älterer Herr, ohne Zähne, kein Grund für Dane ihn nicht anzuquatschen. Dieser Herr verspeiste gerade ein Eis im Waffelhörnchen. Voller Selbstironie gestand er uns aber auch, dass ständig er Probleme habe, nicht mit dem Eis, nein, mit den Waffelhörnchen.

Die Fischer. ©Karl-Ewald Kirschner

Donnerstag, 28. August 2008

Vidice. Küstenstraße.

Stopp in einem Fischereihafen.

Wir sind dabei, als die Fischereiflotte im Hafen anlegt.

Große, alte, rostige Fischkutter legen an

Großes Durcheinander am Kai und auf den Schiffen.

Die Fischer. ©Karl-Ewald Kirschner

Der Fang wird entladen. Entweder sofort auf einen LKW zur Fischfabrik, wie man mir sagte, oder an kleine Händler und Restaurantbesitzer.

Ein einziges Menschen- und Stimmenwirrwarr. Es stinkt nach Fisch, Öl, Diesel und Auspuff.

Unendlich viele Kisten mit zum Teil noch zappelnden Fischen. Riesige Eisberge zum Kühlen der Fische.

Ich fotografiere was das Zeug hält. Ein Fischer guckt mich schelmisch an und verlagt 10 Kunar pro Foto. ;-)

Bulli am Meer. ©Karl-Ewald Kirschner

Riechen, hören, sehen, tolles Erlebnis.

Später Nachmittag, von der Küstenstraße aus gesehen und direkt runter nach Senj. Kleiner Campingplatz auf halber Strecke. Nix besonderes.

Aber alles, was wir wollen. Parken direkt am Meer (ich will Meer!), Kneipe, Restaurant direkt am Bulli.

Sanitäre Anlagen direkt nebenan und, kostenlos, ein Postkarten-Sonnenuntergang.

 ©Karl-Ewald Kirschner

Freitag, 29. August 2008

Espresso und Burek in the morning. Weil der Kühlschrank im Auto nicht mehr funktioniert, Gas ist alle, fragen wir jetzt immer nach Eiswürfeln. Und wie immer haben wir auch hier einkaufstütenweise Eis gratis erhalten.

Ankommen in Rijeka. Riesengroßer Industriehafen. Unser Parkplatz, ein bewachter, gebührenpflichtiger Platz direkt am Hafen.

Unsere Tapete: lauter geile Grafittis schmücken die Hafenwände. Wunderschöne alte Hotels. Ein bisschen französisches Flair.

Marmor-Promenade. Und mitten durch die City holpert eine alte Gütereisenbahn. Auf Anraten einer Lady im Turi-Office landen wir in einer kleinen Seitengasse. Links das Nobelrestaurant von Rijeka, rechts der kleine Ableger davon. Wir entscheiden uns für rechts. Richtige Entscheidung. Gleiche Küche, halber Preis. Natürlich nur Meeresfrüchte vom Feinsten und jeder von uns ein halbes Kilo Wein. Göttlich.

 ©Karl-Ewald Kirschner

Samstag, 30. August 2008

Als erstes früh morgens auf den Markt. Den besten Espresso in der besten Espressobar von Rijeka genossen. Dann auf den Markt. Obstmarkt, Gemüsemarkt, Fischmarkt, Fleischmarkt.

Die beiden letzten in wunderschönen alten Jugendstil-Hallen. Explosion für die Sinne. Schon wieder sehen, riechen, schmecken, hören, fühlen. Die sollten im Fischmarkt nur für den Geruch Eintritt nehmen. Meine Kameralinse platzt vor lauter Farben.

Wir verlassen Rijeka. Parkplatzgebühr 32 KN.

 ©Karl-Ewald Kirschner

Bevor wir auf die Autobahn gehen, besuchen wir noch einen dieser Megastores. Hunderte von Läden. Ähnlich wie Centro oder so. Wollen Souvenirs kaufen. Wir hätten besser versucht einen westfälischen Schinken zu kaufen!

Wegen Bulli übernachten in einem Ort Namens Domburg. Völlig uninteressante, aber nette Eisdiele, nette Kellnerin (klar). In der Pizzeria nebenan gönnt sich Dane eine Riesenpizza, natürlich mit Meeresfrüchten. Mit 0,5 Liter Rotwein für schlappe 18 Euro. Tatsächlich Euro, wir sind wieder im Euroland!

Im Kaffeehaus. ©Karl-Ewald Kirschner

Sonntag, 31. August 2008

Konsum, Kneipe und Bäckerei gegenüber.

Also wie jeden Morgen: mein geliebtes Burek, Espresso, Niranja.

Weiter an Kroatiens Küste. Immer wieder „Winnetou-Landschaft“ wie im Kino! Atemberaubende Ausblicke entlang der Küstenstraße.

Nebenbei eine Kritik an unserer Fahrtroute. Wir fahren ständig in der falschen Richtung. Weil wir das Meer immer links haben. Das bedeutet 1.: Dane, als Beifahrer, sieht nur die Hälfte weil ich und die Leitplanken, wenn vorhanden, ihm die Sicht versperren. Und 2.: Ich nicht spontan rechts ranfahren kann, um zum Beispiel einen Fotostop zu machen. Also müssen wir die Tour noch mal machen in entgegen gesetzter Richtung.

Neue Hafenstadt mit einer sehr schönen Halbinsel, kreisrund, Rundgang zu Fuß 20 Minuten. Stürmische See. Riesige Wellen. Dane wird von einer Welle förmlich weggerissen.

Ziemlich touristisch. Mit Recht, weil die eine wunderschöne historische Halbinsel haben. Schon wieder "Klein Dubrovnik".

Wir gehen einmal komplett um die Insel. Was für ein Erlebnis. Man hört das Rauschen des Meeres auf der einen Seite und das Grillenkonzert auf der anderen, man fühlt den leichten Wind, man sieht das azurblaue Wasser, den blauen Himmel, immergrüne Wälder, weiße Felsen. Man riecht Lavendel, Kiefern, Rosmarin. Es ist einfach nur geil.

Im Restaurant am Meer gibt es Riesengarnelen und Spagetti Aglio & Olio. Etwas für den Geschmack fehlte noch.

Schlafen auf einem Parkplatz neben einem Campingplatz am Ameisenstrand. Nachts sehr laut. Disco nebenan. Aber Duschen und Toiletten ganz nah.

Montag, 1. September 2008

Autobahn. Tunnel, Tunnel, Tunnel, und dann Kalwangtunnel, 7500 Meter. Zwangspause, eine von inzwischen ungezählten, aber wen interessiert das noch!

Die Durchfahrt ist mir zu riskant. Wir rufen, mal wieder, den ADAC, über eine Notrufsäule. Nach 45 Minuten ist der gelbe Engel zur Stelle. Ich instruiere Dane das Reden mir zu überlassen. Er soll nix sagen. Der ADAC-Mann macht sich an die übliche Diagnose und fragt mich, was mit dem Bulli los ist. Ich erzähle ihm, dass gestern Morgen das Stottern angefangen hat und immer schlimmer wurde. Er fragt: „Kam das schon öfter vor? Wenn ja, dann darf ich euch nicht helfen.“ Ich verneine. Er dreht und schraubt und reinigt ein bisschen und sagt durch den Tunnel bis zur nächsten Werkstatt könnten wir es schaffen. Er wird uns folgen. Außerdem gibt es im Tunnel alle fünfhundert Meter eine Nothaltebucht. sehr beruhigend!

So, nun kommt Dane wieder ins Spiel, zehn Minuten Schweigsamkeit haben ihm gereicht. Plaudert mit dem ADAC-Mann, lacht, macht Witze und erzählt ihm wie schrecklich das mit unserem Bulli ist: „Ständig, seit 14 Tagen, fängt er an zu stottern um dann ganz liegen zu bleiben“ Ich schreie: „Dane halt die Schnauze!“ Der ADAC Mann denkt sich seinen Teil (….) Man hat es nicht leicht!

Wir schaffen den Tunnel und sogar noch weitere sechzig Kilometer.

Grenzübergang nach Deutschland. Wow!

Drei Linden. ©Karl-Ewald Kirschner

Dienstag, 2. September 2008

Nürnberg, Erlangen, Fulda. Zwischen Nürnberg und Erlangen. Per Zufall ein nettes Restaurant gefunden. Gasthaus Drei Linden. Klassische Fränkische Küche, Waldpilze, frischer Salat, selbstgemachte Sülze, leckerer Fränkischer Wein. Entspannt draußen im Biergarten, unter drei Linden, sitzen und genießen. Glück gehabt!

Weiter wählen wir die Landstraße, ich habe keinen Bock noch mal auf der Autobahn liegen zu bleiben. Also ab Fulda nur noch Landstraße. In einem kleinen Nest tanken wir noch mal voll. Klauen ein paar Äpfel und Pflaumen am Wegesrand. Weitere zwei Zwangsstopps. Eine nutzen wir, um an einer Pizzeria halt zu machen und ein wenig zu essen. Pizza, Tintenfisch. Danach will ich nur noch nach Hause.

Also knüpple ich den Bulli noch einmal bergrauf, bergrunter. Früher gab es mal den Spruch: „Mit dem Trecker durch die Eifel“ Heute „Mit dem Bulli durchs Sauerland“ macht auch Sinn. Sauerland, Paderborn, Rheda. 11:45 Uhr, es ist vollbracht.

Wir sind mit Bullis eigener, letzter Kraft in Rheda angekommen, alle Drei: Dane, Bulli und ich !!!

Resümee:

Allein über 5000 Kilometer nur Auto. Fähre und Abschleppdienst nicht gerechnet. 50 Tage zusammen mit Dane, zum Teil auf engstem Raum (Bulli). Kosten, mehr als doppelt so viel wie kalkuliert. Allein tausend Euro Sprit. Gott sei Dank kein Unfall, kein Diebstahl, kein Kratzer am Bulli!

Aber Kreislaufkollaps, Krankenhaus, Schnittwunden, Essstörungen, kombiniert mit extremer Hitze.

Noch nie habe ich soviel (Passiv) geraucht wie auf diesem Trip. Heftigste Streitigkeiten. Lebensgefährliche Situationen auf den Küstenstraßen (z. B. Nachts in Albanien). Gefahren mit kaputtem Motor. Korrupte Zöllner, korrupte Polizisten, korrupte Ärzte. Sanitäre Verhältnisse, zum Teil unbeschreiblich.

In jedem Tunnel, an jedem Berg, panische Angst, dass die Karre verreckt.

50 Tage kein Radio (das Autoradio, dass mir Lucky verkauft hat, hat sehr schnell den Geist aufgegeben) kein Fernsehen.

Aber trotzdem, ich würde es sofort noch mal machen. Diesen Trip nimmt mir kein Mensch mehr. Nie habe ich so viele liebenswerte, interessante Menschen kennengelernt.

Gegessen wie Gott in Frankreich. Überall nur authentische Küche. Auf dem zweiten Teil der Reise fast nur noch Meeresfrüchte und jede Menge Knoblauch. Dane hat ab Skopje nur noch Muscheln, Tintenfisch und Garnelen (Lingue) gegessen. Ab Ohrid die ganze Zeit kein Tropfen Regen, nur schönstes Wetter. Nicht zu heiß, leichte Brise, Kirschner-Wetter! Ich kenne das ganze Mittelmeer, aber nie habe ich eine so vielfältige Landschaft kennergelernt. Weder Spanien noch Italien kann mit der Küste Kroatiens und seinen Inseln mithalten.

Die ärmsten Menschen auf irgendeinem Berg in Albanien oder Montenegro haben uns zugedeckt mit Geschenken in Form von Früchten, Kräutern, Öl, Honig, Melonen oder Knoblauch. Auch mit der Verständigung gab es nie Probleme. Dane Mazedonisch, Deutsch, Englisch. Ich Deutsch, Englisch und ein Mischmasch aus Spanisch und Italienisch.

Eins noch. Kompliment an Dane. Er hat mich genervt bis zur Schmerzgrenze. Aber ohne ihn hätte ich Land und Leute nie so intensiv kennen gelernt.

Außerdem: Ein riesengroßes Dankeschön an die Familie Kapevski in Skopje. Die hätten uns wirklich wahrscheinlich auch noch ihr letztes Hemd gegeben.

Und, so stressig der Bulli auch war, so interessant war es auch ständig anhalten zu müssen, wenn es technisch nicht mehr weiterging. Es gibt bestimmt einige traumhafte Plätze, die wir niemals gefunden hätten, wenn Bulli uns nicht dazu gezwungen hätte. Wir hätten wahrscheinlich auch viel weniger Stopps gemacht. Danes Kommentar zu unserem Bulli: „Er hat ein armes Gesicht“! Wahrscheinlich hat dieses arme Gesicht erst alles möglich gemacht.

Karl-Ewald Kirschner und Gerhard Mauerer

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