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Buchtipp: Bulli. Fahren. Fühlen. Leben

Menschen und ihre Bullis – das Thema hat unseren Autor Heiko P. Wacker schon immer fasziniert. Um so mehr freute er sich auf den Titel „Bulli. Fahren. Fühlen. Leben.“ Hier stellt er ihn vor.

 ©Verlag Geramond München

Hallo Bulli-Freunde!

Natürlich darf man vom Äußeren eines Buchs nicht auf den Inhalt schließen. Auf keinen Fall! Und doch nimmt man diesen satten Vierpfünder mit einem gewissen Respekt zur Hand. Nein, dieses Werk ist definitiv nix für die Handtasche oder die Wartezeit beim Zahnarzt. Wobei – vielleicht doch, immerhin muss man auf diesen 240 Seiten mehr als einmal lächeln. Und lesen, bis dass der Arzt kommt, kann man dann auch.

Spaß bei Seite, ich hab mir diesen Großformat-Brocken ganz genüsslich im Lesesessel zu Gemüte geführt. Und ich war ab der ersten Seite angetan, denn zwischen den Buchdeckeln geht es nicht nur um die Leidenschaft von 15 Bulli-Aficionados, sondern auch um die Vehikel selbst, was in der Summe einen wunderbaren Querschnitt durch unsere Szene liefert. Klar, der Schwerpunkt liegt auf den alten und ältesten Vertretern, doch der gezeigte Zustand der Fahrzeuge schwenkt von der Glamour-Kiste bis zum Wrack aus dem Wald. Ja, Leute, das sind wir, wir alle, hat sich doch rund um den Bulli ein ganz eigener Lifestyle entwickelt. Wer nach diesem Buch nicht vom Bulli-Virus befallen ist, dem ist nicht zu helfen.

Freilich wäre das Buch ohne die tollen Fotos nur die halbe Miete, die noch nie gesehenen Aufnahmen sorgen ruckzuck für fliegenden Puls: Thomas Cortesi weiß die Faszination der automobilen Technik perfekt in Szene zu setzen, Michaël Levivier wiederum, er ist Journalist und professioneller Testfahrer, vor 20 Jahren war er zudem Mitbegründer des Motorradmagazins „Moto Journal“, steuert die passenden Texte bei.

Die gehen sehr einfühlsam auf die Protagonisten – die mit den Rädern und die mit den Beinen – ein, Schrullen und Eigenarten werden hier nicht glattgebügelt, sondern bereichern das Buch. Und immer wieder meint man sich in Details auch selbst zu erkennen. Und wenn es nur der lange gehegte Traum ist, dereinst selbst einmal einen Barndoor aus der schwedischen Pampa zu zerren. Und sei es mit dem Helikopter. Ach, wenn Geld keine Rolle spielt! Nebenbei: Auch der vorliegende Titel ist mit rund 50 Euro kein Schnäppchen. Doch das Buch ist sein Geld wert, alleine wegen der Bilder.

Viele Kapitel orientieren sich im französischen Kulturbereich, und auch das Buch selbst erschien ja ursprünglich bei unseren Freunden jenseits des Rheins unter dem Titel „Combi. Un art de Vivre“. Da gibt es also „Le Tôlé“, den Maler-T1 von Naudot. Da gibt es Bob von BBT mit seinem Doppellader-Samba im Originallack. Es gibt aber auch „Chooky“, eine feine DoKa mit Faltschiebedach und Samba-Dachfenstern, schick aufgebrezelt im Resto-Cal-Look und mit 2,1 Litern Dampf im Heck. Da wäre schließlich auch Florian, dessen Lebensstil sich im Retten eigentlich unrettbarer Unikate manifestiert. Und natürlich gibt es Sébastian mit seinem 1975er Westfalia, der auf den Namen „Boris“ getauft wurde. Dabei gibt der Besitzer zu, dass „dieser Bulli“ das Leben der Familie verändert hat. Und das nicht nur, weil die Anreise zum Kauf von Giverny nach Gap flotte 900 Kilometer betrug. Nebenei: Giverny in der Normandie ist bekannt für die Gärten des Claude Monet, am westlichen Dorfrand gibt es einen kostenlosen Stellplatz, fünf Fußminuten von den Gärten entfernt. Doch ich schweife ab ...

„Die Leidenschaft der Bulli-Fans hat viele Aspekte und viele Gesichter“, meint der Verlag. Hier kann man nur zustimmen, unsere Passion ist ebenso vielfältig wie bunt und schillernd. Die vorgestellten Bulli-Aficionados und ihre Fahrzeuge beweisen es. Und ich darf, wie wir alle, mittendrin sein. Wie geil ist das!

Michaël Levivier (Text), Thomas Cortesi (Bild): Bulli. Fahren. Fühlen. Leben. Übersetzt von Michael Döflinger. Verlag Geramond München 2020, 240 Seiten mit 220 Abbildungen, Format 27,6 x 35,6 cm, Hardcover, ISBN 978-3-95613-122-6, 49,99 Euro.

Heiko P. Wacker