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Das "Race-Taxi"

Die Karosserie eines T1 und die Bodengruppe eines T3, der Motor und die gesamte Technik von Porsche (993 Bi-Turbo) - in rund 3.000 Arbeitsstunden baute der Schweizer Fred Bernhard sein FB1-Race-Taxi zusammen, das nun auf verschiedenen Rennstrecken für Aufsehen sorgt.

Foto: Fred Bernhard

Steht man vor dem "Race-Taxi" von Fred Bernhard, fragt man sich ungläubig, wie er auf diese Idee gekommen ist. Seine Antwort ist überzeugend: "Es war für mich eine berufliche Herausforderung. Ich wollte wissen, was im Bereich des Machbaren liegt. Zugleich war mein Ziel, mit diesem Projekt etwas Einmaliges zu schaffen. Daraus ist dann das FB1-Race-Taxi entstanden."

Den Anfang nimmt die Realisierung mit der Ausschreibung eines Schrotthändlers aus Chur (Graubünden/Schweiz), der einen verrosteten T1 (Bj. 1962) verwerten will. Der Deal ist schnell gemacht. Mit einem Schmunzeln erinnert sich Fred an den Heimweg und die Frage eines Bauern, ob er aus dem Schrott-Bulli einen Schafstall oder ein Bienenhaus bauen wolle. Die Antwort bleibt er lieber schuldig.

Foto: Fred Bernhard

Zurück in seiner Garage trennt Fred die verwertbaren Teile von den übrigen. Schon bald stellt sich heraus, dass sich nur noch die Karosserie  für das Projekt "Race-Taxi" verwenden lässt. Viele andere hätten die Idee an dieser Stelle vermutlich begraben. Nicht so Fred, der weiterhin an seine Idee glaubt.

In der Betriebswagenflotte der Firma seines Bruders muss einige Zeit später ein T3 (Bj. 1985) ausgemustert werden. Die Bodengruppe ist in gutem Zustand und wird weiterverwendet. Da sich die Dimensionen der beiden VW Busse unterscheiden, bietet sich eine kreative Lösung an. Kurzerhand trennt Fred zusammen mit einem Kollegen die Karosserie des T1 in vier Teile, um schließlich 21 Zentimeter in der Breite und 10 Zentimeter in der Länge zu gewinnen.

Foto: Fred Bernhard

Ein Porsche-Motor muss es sein

Auf der Suche nach einem geeigneten Motor heißt für Fred von Anfang die Devise "alles Porsche" und so kauft er einen entsprechenden Unfallwagen (Porsche 993 Bi-Turbo). Der luftgekühlte Leichtmetall-Sechszylinder-Motor ist für eine Geschwindigkeit von mehr als 300 Stundenkilometer ausgelegt. Er wird hinten auf die Bodengruppe des T3 montiert.
 
Allmählich nimmt das "Race-Taxi" Formen an. Dennoch kommt es dann und wann zu Unterbrechungen, da zusätzliches Material eingekauft werden muss. Hinsichtlich der benötigten Lenkung erweist sich dieses Vorhaben als kleine Odyssee. Freds erste Anfragen werden durchweg negativ beantwortet. Schließlich wird er dank eines beruflichen Kontakts bei einem Zürcher Zulieferer fündig. Dort stösst das Projekt "Race-Taxi" gleich auf Begeisterung und die passende Porsche-Lenkung wird gerne geliefert.

Foto: Fred Bernhard

Armaturen und Pedale übernimmt Fred wiederum vom Unfallwagen. Hinsichtlich des aufgrund von Auslegung und Aerodynamik angestrebten Tempos von 230 Stundenkilometern montiert er Scheibenbremsen - ebenfalls von Porsche. In Technikfragen stehen Fred mit Andreas Weibel und Roland Zbinden (ein ausgewiesener Autorenn-Mechaniker mit mehr als zehnjähriger Porsche-Erfahrung) gleich zwei Fachleute unterstützend zur Seite.

Im nächsten Schritt wird die Karosserie mit 42 Meter Rohr verstärkt bzw. renntüchtig gemacht. Insider bezeichnen das Überrollsystem als "Käfig". Tatsächlich fühlt es sich an, als ob man in einem Käfig sitzt, wenn man mit den 4-Punkt-Gurten in einem der drei Recaro-Passagiersitze festgezurrt ist.

Foto: Fred Bernhard

Die Sitze sind auf Porsche-Sitzart hinuntergesetzt, was für Fred aus lenkungstechnischen Gründen von Bedeutung ist. Damit wird aber gleichzeitig auch das Action-Feeling der (wagemutigen) Passagiere zusätzlich angekickt. Der enorme Lärmpegel und Temperaturen, die bisweilen auf 70 Grad Celsius ansteigen, verstärken dieses noch.

Das "Race-Taxi" wird fertiggestellt

Teil für Teil wird das Fahrzeug wie ein Puzzle zusammengesetzt - alles ist solides und präzises Handwerk: Die Technik auf die Bodengruppe, dann der Käfig, rundherum die Karosserie und zum Schluss das Dach. Dieses ist aus Karbon, was eine Gewichtersparnis von 30 Kilo bedeutet und beansprucht für die Herstellung 70 Stunden (zu zweit).

Foto: Fred Bernhard

Jeder Schritt der sechsjährigen Entstehungsgeschichte des "Race-Taxis" ist akribisch dokumentiert worden - illustriert mit Skizzen, Materialprospekten und Explosionszeichnungen. Nach rund 3.000 Arbeitsstunden und Material-Investitionen von mehreren zehntausend Schweizer Franken ist aus der Idee Realität geworden.

Dann aber scheint die Versicherungsfrage zunächst unerwartet problematisch zu werden: Erst lässt sich überhaupt keine Gesellschaft finden. Und dies, obwohl Fred auch diesbezüglich genaue Überlegungen angestellt hat. Um beispielsweise das Risiko eines Diebstahls zu minimalisieren, sind Steuerrad und Motorsteuergerät demontierbar. Ein auf Rennfahrzeuge spezialisierter Versicherer unterbreitet schließlich ein Angebot und lässt durchblicken, es bestünde zudem kein Diebstahlrisiko, da das Fahrzeug für den Verkehr nicht zugelassen sei und das Versicherungsobjekt allenfalls aufgrund seiner Beschaffenheit rasch lokalisiert werden könne. Es kommt zum Abschluss.

Foto: Fred Bernhard

Der große Moment steht bevor. Zwar ist das "Race-Taxi" fertig konstruiert, doch weiß Fred noch nicht, ob es funktionieren wird. Zu fünft stehen sie um den Wagen herum - ausgerüstet mit einsatzbereiten Feuerlöschern. Fred dreht nach einem kurzen Zögern den Zündschlüssel, der Motor reagiert und läuft. Fred erklärt, wovor er sich in diesem Augenblick gefürchtet hatte: "Die Elektronik machte mir am meisten Sorgen. Wenn etwas zu brennen angefangen hätte,
wäre unter Umständen aller Aufwand umsonst gewesen. Und ein zweites Mal hätte ich das nicht auf mich genommen."

Foto: Fred Bernhard

Die erste Testfahrt

Im Sommer 2006 findet auf Einladung von Jörg Hoffmann, Firma Bilstein, die erste Testfahrt auf einer Rennstrecke in Belgien statt. Fred erinnert sich: "Die Porsche-Fahrer kamen vorbei und fragten sich offensichtlich, was denn diese schwarze VW-Bus-Kiste auf der Rennstrecke verloren hätte. Mein Team und ich ließen uns jedoch nicht beeindrucken und führten erste gemächliche Fahrten außerhalb der Trainingszeiten der regulären Rennfahrer durch, ehe wir das Tempo stetig steigerten - auf mehr als 200 Stundenkilometer."

Diese Testfahrt ist der Startschuss für öffentliche Einsätze. Einer der Teilnehmer filmt den Moment, als der "VW Bus" seinen Porsche überholt und auf dem Hockenheimring findet eines Tages ein Kräftemessen mit Porsche-Fahrern statt. Fred holt mit seinem "Race-Taxi" den anfänglichen Rückstand nach sechs Runden auf.

Inzwischen bietet Fred auch Passagierfahrten auf verschiedenen Rennstrecken an und fährt nach den üblichen Rennbahnregeln. Die Vorbereitung hierzu ist aufwändig. Vor jedem Einsatz werden die Bremsen bereits in der Schweiz überholt. Der Transport erfolgt per Anhänger, da das "Race-Taxi" nicht für den Straßenverkehr zugelassen ist. Vor Ort erfolgen nach jeder rund 15-minütigen Fahrt Checks, denn Sicherheit ist für Fred das oberste Gebot. Vom 1.- 2. August 2009 sind Fred und sein Team bei der Bug-Show in Spa Francorchamps in Belgien und vom 15.-16. August 2009 beim Osnabrücker Bergrennen live zu sehen.

Foto: Fred Bernhard

Wer das "Race-Taxi" betrachtet, sieht nur auf den ersten Blick einen T1. Die veränderten Proportionen und das tiefer gelegte Fahrwerk lassen das Fahrzeug wie einen Sprinter in den Startpflöcken erscheinen - kein Wunder bei den mittlerweile 408 PS. Die häufigste Reaktion auf das Fahrzeug ist dann auch Respekt. Indessen ist die liebenswerte Fassade aus der Flower-Power-Zeit geblieben, als der Bulli ein blümchen- und vorhangverziertes 35 PS starkes Hippie-Wohnmobil war. Nostalgie gepaart mit modernster Technologie - das beschreibt das "Race-Taxi" wohl am besten.

Weitere Informationen und Kontakt auf der Internetseite www.race-taxi.ch

Marianne Wälti (redaktionelle Bearbeitung: VW-Bulli.de)

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