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Das ultimative Auto-Schrauberbuch?

Ganz klar: Superlative im Titel eines Buchs – und Superlative generell – machen skeptisch. Was leistet also das neue "ultimative Auto-Schrauberbuch" für Old- und Youngtimer? Heiko Wacker verrät es Euch.

 ©Geramond-Verlag

Es ist Winter, und entsprechend verziehen sich viele Schrauber in hoffentlich gut gewärmte Keller oder Garagen. Um zu schrauben, zu basteln. Zum Restaurieren, zum Optimieren, vielleicht auch zum Frisieren, ganz nach Lust und Laune. Denn so sicher, wie es im Moment schmuddelig ist, schaut man nach draußen, so sicher kommt auch wieder der Frühling. Und die Lust, das Scheunentor so weit aufzureißen wie die Seitenscheibe. Und dann dreht man den Schlüssel, lauscht kurz dem Motörchen, legt den Arm auf die Fensterkante – und startet durch in die Saison 2025.

Offen gestanden kam auch ich schon mal nicht weiter als bis zum Zündschlüssel.

Denn entgegen aller Versprechungen mir selbst gegenüber war ich nachlässig. Das wird natürlich im aktuellen Winter anders! Mit diesem Gedanken stolperte ich über das „ultimative Auto-Schrauberbuch“, wobei Superlative im Titel gerne mal für skeptisch nach oben gezogene Augenbrauen sorgen. Indes hüpft einem auf Seite 264 ein grün-weißer T2b-Westi entgegen, ein Sympathieträger also. Damit war klar, das Buch bekommt seine Chance!

Vornweg, um das zu verdeutlichen, sei angemerkt, dass es hier nicht explizit und ausschließlich um den VW Bulli geht. Sondern um Oldies ganz allgemeinen. Doch gibt es mehr als genügend Überschneidungen, die einem auch beim Schrauben weiterhelfen. Denn letztlich sind auch alte Bullis zuerst einmal Autos. Ganz besonders feine natürlich – doch auch hier will das schmucke Blech eine pflegende, liebevolle Hand spüren. Zudem ist es einer Batterie leidlich egal, ob sie hinten rechts im T1 übern Jordan geht, oder vorne rechts im 123er-Mercedes. Und wie war das mit dem Unterbrecherkontakt nochmal?

Das weiß auch Marcel Schoch, der völlig zu Recht als Fachmann gilt, wenn es um das Thema Oldtimer- und Youngtimer geht. Mitte der 1990er-Jahre war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU München, bevor er ans Deutsche Museum wechselte, wo er als Konservator, Projektmanager und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Landverkehr tätig wurde. Seit einem knappen Vierteljahrhundert nun arbeitet er freiberuflich, und schreibt über Traktoren, Autos und Motorräder. Dabei spürt man dem Buch sofort an, dass hier ein penibler Kenner der Materie seine Gedanken wiedergibt. Streng arbeitet er sich auf den insgesamt 288 großformatigen Seiten durchs Thema. Und zwar absolut fundiert, und reich bebildert obendrein. Ob es nun um Einstufungen der Oldie-Klassen nach Alter geht, um den korrekten Umgang mit der Fahrzeugelektrik oder das Ein- und Auswintern – man spürt, dass hier ein zur positiven Pedanterie neigender Mensch ein Herz für Oldies hat.

Klar, zuweilen ist der Zeigefinger schon laut am Wedeln, hierbei merkt man, dass er Kfz-Restaurierungsfirmen berät, oder sich ehrenamtlich beim ZDK, dem „Zentralverband deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e.V.“ engagiert. Weil er jedoch auch selbst restauriert, und definitiv keine Furcht vor öligen Flossen oder rostigen Blechen hat, spricht spürbar einer vom Fach. Ein Praktiker, kein Theoretiker. Und das alleine macht das Buch so lesenswert.

Zudem sind die Kapitel, ganz egal, ob es nun um die Reparatur, die Wartung oder die Restaurierung geht, leicht verständlich auch für Einsteiger. Zugleich aber sind die einzelnen Abschnitte gehaltvoll genug, um auch jenen was zu bieten, die beim Onkel Doktor „15W40“ als Blutgruppe angeben. Dass der Autor hierbei unglaublich viel Wert auf Schritt-für-Schritt-Anleitungen legt, trägt zur Qualität des Buchs bei – schließt man die Augen, dann sieht man Marcel Schoch beinahe vor sich, wie er seine Aspekte an den Fingern abzählend darlegt. Das hat Charme, zumal er sich auch um die Randgebiete wie ordentliches Werkzeug oder ganz grundlegende Fragen, was denn bitteschön den Oldie überhaupt zum Oldie macht, befasst. Insofern darf man dem Buch auch den Superlativ eines „ultimativen“ Werks zugestehen, für knapp 40 Euro wird eine ganze Menge geboten. Und wenn dann die Sache mit dem Zündschlüssel klappt – ich wünsche uns allen schon mal einen tollen Frühling – dann lohnt die Anschaffung!

Marcel Schoch: Das ultimative Auto-Schrauberbuch – Oldtimer und Youngtimer. Reparatur – Wartung – Werkzeug. Geramond-Verlag München 2024, 288 Seiten, ca. 600 Abb., Format 22,8 x 29,6 cm, Hardcover, ISBN 978-3-98702-060-5, 39,99 Euro.

Heiko P. Wacker