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Die Lage der Camper-Branche: Eigentlich nach wie vor gut, aber...

Die Corona-Pandemie brachte der Camping-Branche unerwarteten Rückenwind. Wenige Jahre später läuft es eigentlich weiterhin passabel, jedoch knirscht es an etlichen Stellen. Hier ist der Lagebericht.

Die Situation der Caravaning-Branche im Jahr 2024: Jede Menge Lagerfahrzeuge (hier in Mainz).

 ©Michael Kirchberger

Im Grunde sind die Zahlen weiterhin überdurchschnittlich gut. Um 10,5 Prozent haben die Verkäufe von Reisemobilen zugelegt, insgesamt konnten in der vorigen Saison (von September bis September) 78.552 Fahrzeuge neu zum Verkehr zugelassen werden. Nur die Wohnwagen mussten einen Rückgang hinnehmen, bei ihnen sankt der Absatz um 3,4 Prozent auf 23.231 Exemplare. Das alles wäre nicht beunruhigend, denn die Nachfrage ist weiterhin gut und viele Bürger träumen immer noch von einem Campingurlaub, auch wenn die Mobile in den vergangenen fünf Jahren um gut 30 Prozent teurer geworden sind und die Finanzierung wegen gestiegener Zinsen schon lange nicht mehr günstig sind. Dennoch kommt es zum Stühlerücken in den Chefetagen der Hersteller.

Bei Knaus Tabbert beispielsweise hat man sich von Geschäftsführer Wolfgang Speck verabschiedet. Er hatte noch vor gut einem Jahr einen Umsatzrekord von zwei Milliarden Euro sowie eine Gewinnmarge von gut neun Prozent in Aussicht gestellt, es folgten zwei Gewinnwarnungen des börsennotierten Unternehmens, der Aktienkurs rutschte von 73 auf knapp unter 15 Euro. Bei Bürstner hat Hubert Brandl zusätzlich zu seiner Aufgabe als CEO bei Niesmann + Bischoff den Vorsitz in der Geschäftsführung übernommen und ersetzt Jens Kromer und Olaf Sackers.

Der wesentliche Grund für die Misswirtschaft waren die überzogenen Absatzerwartungen der Hersteller. Während der Corona-Pandemie hatten die Bundesbürger Caravaning als neue Urlaubsform entdeckt, die Verkaufszahlen schossen durch die Decke, es kam zu Lieferschwierigkeiten. Und welchen Kaufmann graust es nicht, wenn er viel mehr Produkte absetzen könnte, als er zu produzieren vermag. Also wurden die Kapazitäten hochgefahren, Basisfahrzeuge zu Tausenden reserviert (und bezahlt), zusätzliche Schichten gefahren. Aber die Kunden zogen nicht mit. Es wurden nicht weniger, aber auch nicht mehr. Dethleffs in Isny hat daher schon zum wiederholten Mal Kurzarbeit angemeldet, Knaus Tabbert hat die Produktion am Stammsitz Jandelsbrunn (Bayrischer Wald) und im Zweigwerk Nagyoroszi (Ungarn) bis zum Jahresende eingestellt.

Die Situation der Caravaning-Branche im Jahr 2024: Wegen nicht verkaufter Fahrzeuge wird der Platz bei den Händlern knapp.

 ©Michael Kirchberger

Die Misere ist also hausgemacht und stellt nicht die erste Krise der Branche dar. Bereits Anfang der 80er-Jahre hat es Turbulenzen gegeben, in deren Folge sich eine Markenkonzentration entwickelte. Gab es früher noch rund 20 Marken, die unabhängig voneinander arbeiteten, haben sich heute fast alle Hersteller auf drei Konzernen verteilt. Einen Pfeiler bilden Hobby und Fendt, Knaus Tabbert hat sich mit Weinsberg, Morelo und Tab formiert. Die größte Vielfalt findet sich unter dem Dach der Erwin-Hymer-Gruppe, zu der unter anderem Hymer, Bürstner, Dethleffs, Laika, LMC und Niesmannn + Bischoff gehören. Holger Siebert, Geschäftsführer bei Eura Mobil, bringt die aktuelle Entwicklung auf den Punkt. „Wir waren einfach mal wieder zu gierig und haben den Hals nicht voll bekommen“, formulierte er ebenso salopp wie unverblümt vor Journalisten im Rahmen der Neuheiten-Vorstellung am Stammsitz Sprendlingen (Rheinhessen).

Das Überangebot hat gleichzeitig zu einem aus Kundensicht lang ersehnten Preisverfall geführt. Bis zu 10.000 Euro Rabatt hat manch eine Marke auf dem Düsseldorfer Caravan-Salon im September ganz offiziell angeboten. Händler, denen das Wasser bis zum Hals steht, sind sogar noch entgegenkommender. Denn die vorgehaltenen Ausstellungsfahrzeuge wollen bezahlt werden und bei der Bank gibt es längst kein Geld mehr zu günstigen Konditionen. Vielerorts werden Naturalrabatte gewährt: Fahrradträger, Markise oder Pilotensitze sind beliebte gratis Ausstattungen, mit denen um die Kundengunst geworben wird.

Dennoch ist die Lage mehr als Ernst. Bei einem Händler in Mainz stehen mehr als 150 Fahrzeuge auf Halde, viele von ihnen Baujahr 2023 und mit einem Durchschnittspreis von etwa 85.000 Euro. Und alle müssen zwischenfinanziert werden. Noch dramatischer ist die Lage beim ehemaligen Camping Center Vöpel auf der anderen Rheinseite im Kreis Groß-Gerau. Der Inhaber hatte das Unternehmen Anfang 2024 an einen Investor verkauft, ohne auf die wegen Auslandsgeschäften anstehende Steuerschuld von 2,5 Millionen Euro hinzuweisen. Obwohl die Insolvenz unmittelbar bevorstand, forderte der Händler von den Kunden die Bezahlung der bestellten Reisemobile, berichtet der Hessische Rundfunk. Mehrere sind der Forderung nachgekommen, haben aber jetzt weder ein Reisemobil noch den zugehörigen Fahrzeugbrief erhalten.

An der angespannten Lage könnte sich zumindest mittelfristig etwas ändern. Denn wenn Manager wie Hubert Brandl übernehmen, dürften die Produktionskapazitäten rasch abgebaut werden und die Lagerbestände wieder auf vernünftige Stückzahlen sinken. Sein Leitfaden bei Niesmann + Bischoff zumindest hält die Marke seit Jahren auf Kurs: „Im besten Fall produzieren wir immer genau ein Fahrzeug weniger, als der Markt aufnehmen kann“, beschreibt er seine Geschäftsphilosophie.

Michael Kirchberger aum

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