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Im T2 zu den Pyramiden: Fahrten nach Ägypten und durch die Wüste 1992–1996

Zwischen 1992 und 1996, als es noch kein Navi oder mobiles Internet gab, fuhr Volker Riegas mit einem T2 mehrfach nach und durch Ägypten. Hier erzählt Volker von den abenteuerlichen und unvergesslichen Reisen – und vom großen Unterschied, den 30 Jahre ausmachen.

Volkers erster Bulli im Jahr 1984 in Jugoslawien.

 ©Volker Riegas

Hallo Bulli- und Reisefreunde!

Seit den Reisen sind 30 Jahre vergangen, und es ist mehr als 40 Jahre her, dass ich meinen ersten VW Bulli erworben habe. Vieles hat sich inzwischen geändert. Die folgende Geschichte zeigt, wie damals Reisen geplant wurden und was unterwegs passierte. Die Fahrt zu den Pyramiden ist auf der damaligen Route heute nicht mehr möglich, Kriege und politische Wirren verhindern es.

1980, damals war ich noch Student, kaufte ich meinen ersten Bulli und baute ihn selbst aus. Fortan reiste ich zusammen mit meiner Freundin quer durch Europa. Die mir bekannte Welt waren die Länder, die man mit einem VW Bulli erreichen konnte. Das Interesse an anderen Ländern war groß, der Horizont erweiterte sich in den folgenden Jahren immer mehr. Also gingen die Bullitrips immer weiter und die Reisen dauerten länger.

Wie viele andere auch, träumte ich von einem Indien-Trip mit dem VW, was aber durch die Krisen in den Transitländern Iran und Afghanistan immer weiter in die Ferne rückte. Rucksackreisen und Fliegen waren nicht meine Sache, sie waren einfach zu unkomfortabel, und Hoteltrips waren mir zu langweilig.

Auf einer "Probereise" mit dem zweiten T2.

 ©Volker Riegas

Die längsten Bullifahrten führten meine Freundin und mich in den Jahren 1992, 1993 und 1996 nach Ägypten. Mein erster Bulli war dafür zu alt, er war rostig und musste verschrottet werden.

Mein zweiter Bulli war ein T2, Baujahr 1976. Der VW war zuvor ein Funkpeilfahrzeug der Deutschen Post gewesen, und ich hatte ihn 1989 für 650 Deutsche Mark bei einer öffentlichen Versteigerung ergattern können.

Es war eine T2a Standardausführung - Kasten. Der Wagen sah anfangs schlimm aus, er hatte zahlreiche Roststellen und sogar ein paar Durchrostungen. Das war damals für den in Massen hergestellten alten Postbulli nicht untypisch. Der Motor hatte einen Schaden und war für eine Langstreckenfahrt unbrauchbar. Die wertvollen Messgeräte waren ausgebaut, im Dachbereich war eine Öffnung für die Peilantenne geblieben.

Aber – er hatte nur rund 35.000 Kilometer auf dem Tacho und war fast durchgehend in einer Garage geparkt worden, vermutlich wegen der teuren Messgeräte. Unterboden, Fahrwerk, Lenkung, usw. waren noch sehr gut, der Bulli eignete sich für meine Vorhaben.

Wegen des niedrigen Preises blieb ausreichend Geld für einen Austauschmotor und eine gründliche neue Lackierung. Als Alltagsfahrzeug konnte ich auf einen VW Golf zurückgreifen, und so blieb es bei der geringen Laufleistung des Wagens.

Zunächst einmal musste der Wagen gründlich repariert werden. Die Durchrostungen wurden sorgfältig mit Ersatzblechen versorgt, der verbliebene Rost gründlich entfernt, und der komplette Wagen wurde neu lackiert. Zur Vorbeugung gegen weitere Rostschäden wurde er mit einer sehr großzügigen Hohlraumversiegelung konserviert. Der Unterboden wurde sorgfältig gereinigt, entrostet, aufwendig lackiert und mit Unterbodenwachs gründlich versiegelt. Das erwies sich in den Folgejahren als sehr, sehr wirksam.

Probereise.

 ©Volker Riegas

Es folgte der Einbau eines 50-PS-Vege-Austauschmotors. Der 75-PS-Flachmotor war zwar leistungsstärker und moderner, galt bei erfahrenen Bullifans als nicht so robust. Man konnte angesichts der geringen Motorleistung aber nur gemächlich fahren mit rund 90 km/h, aber so hielt der robuste Motor lange. Lange ist relativ, die Lebensdauer der luftgekühlten Motoren war geringer als die heutiger Maschinen. 130.000 Kilometer wurden als akzeptable Durchschnittsleistung genannt.

Der Wagen erhielt eine Inneneinrichtung aus Bootsbausperrholz, das mehrmals mit Bootslack lackiert wurde. Der Wagen sollte trotz allem so leicht wie möglich bleiben, um ihn bestmöglich geländegängig zu machen.

Seinen Bulli selbst auszubauen, war damals bei Langstreckenreisenden weit verbreitet, es gab Baupläne und Händler für die benötigten Materialien. Die abschließende TÜV-Abnahme gestaltete sich etwas kompliziert, die Papiere mussten geändert werden, usw. Der Unterboden wurde vom Prüfer mit einem nicht immer ganz kleinen Hammer abgeklopft, ein bei Bulli­­fahrern unbeliebter Vorgang.

Es folgte die Zusammenstellung einer umfangreichen Ersatzteilsammlung. Die Teile stammten aus Autoverwertungen, ich baute sie aus abgestellten Bullis aus. Das alles war seinerzeit weniger eine Frage des Geldes, beispielsweise kostete ein guter Ersatzvergaser beim Autoverwerter nur 40 DM, als eine Frage des Zeitaufwandes.

In den durchreisten Ländern gab es zwar äußerst geschickte Kfz-Mechaniker. Die hatten aber keine Ersatzteile und konnten sie nicht einfach bestellen. Wenn man aber Ersatzteile hatte, dann war die Freude groß und sie konnten fast alles wieder herrichten. Zudem habe ich selbst schon als Jugendlicher an Motorrädern und Autos gebastelt, die damals einfach und ohne Elektronik aufgebaut waren. So war ich entsprechend reparaturerfahren. Ich wollte unterwegs, speziell in der Wüste, nicht hilflos liegen bleiben.

Speziell für die Wüstenfahrt wurde der Bulli etwas modifiziert durch den Einbau eines Nebenstrom-Ölfilters, Vergrößerung der Öffnungen für die Luftzufuhr, Umlegung der Luftansaugung, Einbau zusätzlicher Kontrollinstrumente (Öltemperatur, Spannungsanzeige), Befestigung eines zweiten Ersatzreifens vorn.

Zu den Vorbereitungen gehörten der Erwerb von Visa für drei Länder und eines "Carnets de Passage". Das ist ein spezielles Zolldokument für die Einfuhr und Ausfuhr von Kraftfahrzeugen. Es wurde jeweils bei der Ein- und Ausreise gestempelt. Sollte man in ein Land einreisen, aber die Ausreise nicht nachweisen können, waren mindestens 10.000 DM Zollgebühren fällig. Neu- und Gebrauchtwagen mussten ja bei Einfuhr in arabische Länder versteuert werden, und durch das Carnet de Passage sollten Schwarz-Importe verhindert werden. Als Folge musste man gut auf den Wagen aufpassen, denn bei Diebstahl konnte man den Wagen nicht ausführen und es drohte die Verzollung.

Mit dem T2 in Jugoslawien auf dem Weg nach Ägypten.

 ©Volker Riegas

Eine Zusammenstellung von medizinischem Notfallmaterial und einigen Medikamenten, einschließlich Malariaschutz, gehörte dazu. Berichte über Reisekrankheiten hatten mich alarmiert, ich hatte mich über Vorbeugungsmaßnahmen genau kundig gemacht.

Straßenkarten kaufte man am besten schon vor Fahrtantritt im Buchladen, denn die wenigen in arabischen Ländern erhältlichen Karten hatten nur arabische Beschriftungen. Zur Orientierung bewährte sich ein kleiner, mittig an der Frontscheibe geklebter Schiffskompass, wenn die arabischen Straßenschilder zum Beispiel in Kairo für uns nicht lesbar waren.

Abseits der Wüstenstraße wurde penibel der eingeschlagene Kurs notiert, um notfalls nach einem plötzlichen Sandsturm auf dem Gegenkurs zur Straße zurückzufinden. Man weiß ja nie. Vieles war damals eben ganz anders als heute. Satellitennavigation und Handys für den Alltagsgebrauch konnte man sich nicht einmal in kühnen Träumen vorstellen.

In meinem Bulli hatte ich ein altes Autoradio mit der Option Kurzwellenempfang eingebaut. Damit konnte man im Ausland die deutschen Nachrichten abhören, am besten "Deutsche Welle" abends bei geeignetem Wetter. An manchen Tagen klappte es, an anderen nicht. Es rauschte ständig und oft schwankte die Lautstärke. Analogtechnik hat ihre Besonderheiten.

Deutschland war in Ägypten ganz, ganz weit weg, nicht einfach nur sechs Flugstunden. Gefühlt war die Welt viel größer, unbekannter und geheimnisvoller. In den Orient zu reisen war ein echtes Abenteuer. Mehrere Wochen, vor allem in der Zeit der Wüstendurchquerung, waren wir ohne Kontakt zur Heimat, auch ohne Zeitungen oder Nachrichtenjournale. Telefonieren war nur mit Voranmeldung in größeren Hotels möglich und war teurer Luxus.

Fotos konnte man zwar mit der Spiegelreflexkamera und Kleinbildformat-Film aufnehmen und dann die belichteten Filme möglichst kühl lagern. Das Ergebnis sah man aber erst als Dia oder Papierbild nach Abholen der Bilder im deutschen Fotoladen. Das war umständlich und barg das Risiko des Misslingens, wenn man sich mit der Kamerabedienung nicht gut auskannte. Jede Aufnahme war relativ kostspielig und wollte gut geplant und überlegt werden.

Warten an der ungarischen Grenze.

 ©Volker Riegas

Aber das Reisen mit dem Bulli hatte damals besondere Vorteile. Die Länder wurden Stück für Stück buchstäblich er-fahren. Es waren sanfte Übergänge. Man merkte den Wechsel der Landschaften, des Klimas, der Kulturen und der Menschen. Auf der Straße und bei den Stopps kam man leicht ins Gespräch und kam den fremden Menschen etwas näher. Die Orientalen hatten zwar Berichte über andere Länder und Kulturen aus dem Fernsehen gesehen, trotzdem lebten sie immer noch stark in ihrer traditionellen Kultur und Religion. Sie dachten, urteilten und fühlten gemäß ihrer sehr alten Tradition. Der Kontrast zu Europa war stärker, die orientalische Welt noch fremder als heute im Jahr 2024.

Natürlich hatte ich vor Beginn der Reise Berichte von Überfällen und sogar Verschleppungen gehört. Deshalb versuchten wir stets, uns an sicheren Orten aufzuhalten. Unterwegs gab der Bulli stets ein Stück Vertrautheit, Geborgenheit und Heimat. Er war gleichsam ein sicheres Schneckenhaus.

1993 hatten nur wenige Menschen einen Internetzugang, ich nicht. Die wichtigen Informationen für Bulli-Reisende standen in Büchern oder Zeitschriften. Die Nummer Eins war das Ägypten-Buch von Will Tondok. Es enthielt alle Infos für Campingbus-Reisen nach Ägypten, Einreisebestimmungen, Adressen des Visa–Services, Übernachtungsmöglichkeiten, Straßen, Gesundheitstips, Gefahrenhinweise usw. - eben alles, was man wissen musste.

Eine Kreditkarte hatte ich nicht, das war in meiner Vorstellung etwas für Amerikaner. Wir nahmen reichlich Bargeld mit, teilweise in US Dollar. Ich versteckte es in einem Gürtel mit innen eingenähtem Geheimfach. Reiseschecks gingen auch, die konnte man aber nur umständlich in großen Städten einlösen. Bares ist eben Wahres, vor allem in einer harten Währung.

Ein besonderes Thema waren die Visa für alle arabischen Länder. Mehrere Monate vor Fahrtantritt musste man beginnen, sie zu beantragen und die Pässe an die jeweilige Botschaft in Bonn einschicken. Die anschließende Bearbeitung konnte pro Visum bis zu sechs Wochen in Anspruch nehmen. Die meisten Visa hatten jeweils nur sechs Monate Gültigkeit, manche sogar nur drei Monate. Kaum war das letzte Visum erteilt, neigte sich die Gültigkeit des ersten dem Ende zu. Im Notfall gab einen Visa-Service, der gegen eine stattliche Gebühr die Visa schneller besorgen konnte.

Auf längeren Fahrten in Europa hatte sich der Reisebulli als sehr zuverlässig erwiesen, die Inneneinrichtung war praktisch. Meine Freundin und ich fassten den Mut, einen Jugendtraum zu verwirklichen und auf dem Landweg nach Ägypten zu fahren. Wir nahmen die kürzeste Route und fuhren schon Ende April los, um die Sommerhitze in Ägypten zu vermeiden. Sechs Wochen waren für die Reise geplant. Sie führte zunächst über Österreich, Serbien, Bulgarien und die Türkei dann nach Syrien.

Das war Teil 1 des Reiseberichts. Im nächsten Teil geht es auf die große, spannende Reise nach Ägypten. In Kürze lest Ihr diesen Bericht bei uns.

von Gerhard Mauerer

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